Im Herzen Bockenheims, direkt am alten Campus, steht seit 1890 das alte Industriegebäude, das vielen als Dondorf-Druckerei bekannt ist. Seit den 1970er Jahren nutzt die Goethe Universität das Gebäude. Nun soll das Max-Planck-Institut für Empirische Ästhetik das Grundstück bekommen – und das Max-Planck-Institut (MPI) will die Dondorf-Druckerei abreißen!
Widerstand dagegen leisten nicht nur wir, auch im Ortsbeirat 2 Bockenheim wurde das MPI in großer Mehrheit dafür stark kritisiert. Seit Jahren setzen sich Anwohnende mit allen Mitteln gegen den Abriss des historischen Gebäudes ein. Dies wird jedoch sowohl vom MPI als auch von der Stadt und Universität ignoriert.
Da trotz allem der Abriss des Gebäudes bevorsteht, nehmen wir den Erhalt, Umbau und die Nutzung in unsere Hände.
Die Universität und die Stadt müssen in Anbetracht der Klimakrise, wachsender Verdrängung und der extrem hohen Wohnungslosigkeit in Frankfurt eine völlig andere Wohnungs- und Baupolitik betreiben.
Doch solange sie das nicht tun, müssen wir selbst für eine soziale und klimagerechte Stadt sorgen.
Die ehemalige Dondorf-Druckerei ist voller grauer Energie. Es sind schon viele Ressourcen in dieses leerstehende Gebäude geflossen. Deshalb ist die Sanierung und Nutzung der Altgebäude aus Klimagerechtigkeitsperspektive essenziell. Doch nicht nur aus ökologischer Perspektive ist der Abriss und Neubau dieser Gebäude völlig irrational. Auch für den Stadtteil Bockenheim und seine Einwohner*innen tragen Neubauten wie diese – und jene, die auf dem alten Campus Bockenheim geplant sind – zu einem Verlust an öffentlichem Raum, zu einer sich seit Jahren zuspitzenden Gentrifizierung und Verdrängung bei.
Jeder Zentimeter Freiraum und Wohnraum muss teuer erkauft oder erkämpft werden. Die Stadt hat Raum und Geld für Banken und Bürotürme, für allerhand Luxuswohnungen – nicht aber für den Erhalt von historischen Gebäuden, nicht für günstigen Wohnraum und auch nicht für nicht- kommerzielle Orte. Stattdessen soll nun ein weiterer riesiger Neubau hinzukommen, der, anstatt den Einwohner innen Raum zur Organisation, Gestaltung und gemeinsamen Nutzung zu geben, ein Prestigeprojekt bildet, dass eine kulturelle Elite anziehen soll.
1. Wir fordern ein Abrissmoratorium für die Dondorf-Druckerei!
Nach Schätzungen von Architects for Future (A4F) liegt der CO₂-Gehalt des bestehenden Gebäudes sowie die CO₂-Emissionen, die der Abriss der Dondorf-Druckerei verursachen würde, als auch die Konstruktion des geplanten neuen Gebäudes, bei deutlich über einer Million Kilogramm CO₂. Wir alle wissen: Jedes Kilogramm CO₂ ist ein Kilogramm zu viel! Wir befinden uns bereits mitten in der Klimakrise. Ihre Auswirkungen spüren bereits insbesondere marginalisierte Menschen, Menschen in Armut und jene, die von Diskriminierung betroffen sind. Ein solches Projekt ist blanker Hohn gegenüber allen bereits Betroffenen und zeugt von der Unfähigkeit der Politik zur langfristigen Planung und ihrem Interesse an Prestige und Kapital statt an einer lebenswerten, nachhaltigen Gestaltung der Stadt für alle.
Daher ist der Abriss der Dondorf-Druckerei sowie der Neubau eines Gebäudes, der mal eben 1 200 Tonnen CO₂ durch eine einzige Baumaßnahme verursachen würde, generell abzulehnen.
Der Energieverbrauch vom Gebäudeabriss dieser Art ist durch den Verlust der Grauen Energie so hoch, dass auch eine energieeffizientere Heizung etc. später nur circa 50% davon wieder einsparen können. Erhaltung ist ökologischer als Neubau!
2. Statt die Dondorf-Druckerei abzureißen, wollen wir ein kulturelles Zentrum für Alle entstehen lassen: Die Druckerei!
Der historische und kulturelle Wert des Industriegebäudes ist enorm und fordert dazu auf, es als letztes Stück der Bockenheimer Industrieepoche zu erhalten und als öffentlich zugängliches Zentrum mit historischen Dauerausstellungen in den geplanten Kulturcampus einzubinden.
Zuletzt wurde die Dondorf-Druckerei für Ateliers und Arbeitsräume der Kunstpädagogik der Goethe-Universität genutzt. Daran wollen wir anschließen und den Raum wieder den Studierenden als Ateliers und Ausstellungsflächen zur Verfügung stellen sowie auch allen anderen Menschen öffnen, die Interesse an kreativer oder handwerklicher Arbeit haben.
Darüber hinaus öffnen wir mit diesem Raum die Möglichkeit eines breiten gesellschaftlichen Zusammenkommens und wollen damit Austausch und gemeinsame Organisierung fördern. Durch die Kommerzialisierung aller Räume Frankfurts gibt es kaum Orte für Austausch, Kreativität oder einfach nur zum Sein. Bestehende Projekte und Initiativen suchen händeringend nach Räumen – oder müssen wegen zu hoher Mietkosten ausziehen. Wir wollen einen Ort für Alle schaffen. Einen Ort intergenerationalen Austausches, an dem gelernt, gelehrt, gesprochen, diskutiert, erinnert, getrauert und gefeiert werden kann – einen Ort, an dem Menschen teilhaben können, ohne Geld ausgeben zu müssen.
Das Gebäude ist das einzige Überbleibsel des industriellen Bockenheims. Es gehörte ehemals der jüdischen Familie Dondorf. Teilen der Familie gelang die Flucht aus Nazi Deutschland, andere starben unter den schrecklichen Bedingungen in den Ghettos.
Die ehemalige Dondorf-Druckerei ist somit ein historisches Gebäude und Mahnmal der NS-Geschichte in Frankfurt. Unterschiedlichste Bürger Inneninitiativen aus dem Stadtteil haben dies bereits vor Jahren erkannt und setzen sich seitdem mit der Geschichte des Gebäudes auseinander, machen diese sichtbar und kämpfen für dessen Erhalt.
Bei dem Erhalt dieses Gebäudes geht es also auch um das Gedenken an die Verfolgung der jüdischen Familie Dondorf durch die Nazis und zieht damit die Universität, die Stadt Frankfurt und das Land Hessen in Verantwortung, eine Erinnerungskultur in der Praxis zu ermöglichen, die über symbolische Worte und Fassaden hinausgeht. Neben einer Ausstellung zur NS-Geschichte des Gebäudes werden hier solidarische Orte der politischen Bildung entstehen. Der Abriss steht für einen Umgang mit dieser Geschichte des Schweigens und Verdrängens, der van der Goethe Universität auch am IG-Farben-Campus bekannt ist.
3. Wir fordern, dass die Dondorf-Druckerei zu einem Pilotprojekt für eine Umbauordnung wird!
Für die Einhaltung der 1,5°C-Grenze müssen dringend die Musterbauordnungen nachgebessert werden, sodass die Sanierung von Bestandsbauten wie der Dondorf’schen Druckerei erleichtert und gefördert wird. Der Bausektor trägt eine große Verantwortung und ein enormes Potenzial, das jedoch derzeit durch gesetzliche Rahmenbedingungen gehemmt wird. Deshalb haben die A4F konkrete Änderungsvorschläge der Musterbauordnung zu einer “MusterUmbauordnung” ausgearbeitet.
Die Sanierung des Gebäudes ist notwendig und sie ist möglich. Sie muss von der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen ermöglicht werden.
Das Gutachten des MPI war von Anfang nicht auf eine Erhaltung des gesamten Gebäudes ausgelegt und wurde im Ortsbeirat 2 Bockenheim auch aus fachlicher Perspektive stark kritisiert.
Wir wenden uns also an die Universität und das Land Hessen: Dieses Gebäude ist offensichtlich nicht für die Nutzung durch das MPI geeignet! Ein weiterer Neubau widerspricht allen Erkenntnissen und der Notwendigkeit, den Bausektor auf den Erhalt von Gebäuden neu auszurichten.
Wir in Bockenheim haben kein Interesse an einem weiteren energieverschwendenden Neubau, den wir hier nicht brauchen. Insbesondere in den aktuellen Krisen brauchen wir nicht- kommerziellen öffentlichen Raum für Kultur, Arbeit, Erinnerung und Austausch. Wir brauchen eine nachhaltige und soziale Baupolitik, die erhält und nicht abreißt, die den Menschen Orte zum Wohnen, zum Organisieren, zum Gestalten und zur gesellschaftlichen Teilhabe ermöglicht.
Die ehemalige Dondorf-Druckerei wird ein selbstverwaltetes Zentrum: Die Druckerei für Alle!
Machen wir kaputt, was und kaputt macht! Bauen wir auf, was uns aufbaut!